»Gasträume gestalten«: Beispiel einer Projektwoche
Thema: Schlüsselfaktoren für Wohlfühlatmosphären und Aufenthaltsqualitäten
Die grundlegende Idee der Projektwochen
Zum Konzept dieser fünftägigen Workshops gehört, die Teilnehmer gründlich und umfassend mit der effektiven und zielsicheren Bearbeitung einer komplexen Aufgabenstellung vertraut zu machen. Dazu wird das betreffende Thema gründlich aufgearbeitet, in Theorie und Praxis. Deshalb muß man sich (auch als erfahrener Gestalter) mit den speziellen Anforderungen der Nutzer und ebenso mit meist herausfordernden Vorstellungen der Auftraggeber vertraut machen. Mit den Inhabern und den (virtuellen) Nutzern zu planen und zu gestalten geschah beim Projekt »Gasträume gestalten« am Beispiel des Residenz-Hotels in Ismaning bei München.
Die konkrete Aufgabenstellung
Bei der Gestaltung von Gasträumen sind unterschiedliche Erwartungen zu klären: die des Hoteliers und die Ansprüche der Gäste. Aus diesem Grund führten wir mit dem Inhaber des Residenz-Hotels gleich zu Beginn der Projektwoche Gespräche. Um jedoch die Erwartung und Wünsche der Gäste kennen zu lernen, ist ein »Denken in Zielgruppen« erforderlich. Deshalb vertieften wir uns zunächst in die so genannten Sinus-Milieus und dann eingehend mit den vorbildlich und anschaulich ausgearbeiten Zielgruppen des Tourismusverbands Rheinland-Pfalz. Die Definitionen der verschiedenen Zielgruppen bildeten für uns dann die Grundlage, Räumlichkeiten des Residenz-Hotels zu begutachten. Die (virtuelle) Umgestaltung des Residenz-Hotels haben wir an der Zielgruppe der Geschäftsreisenden ausgerichtet. Im Rahmen einer »Raumeroberung« und dem damit verbundenen Dialog innerhalb unserer Studiengruppe wurde detailiert herausgearbeitet, welche architektonischen und räumlichen Gegebenheiten, aber auch welche Designelemente (Farbe, Beleuchtung, Materialien, Oberflächen usw.) dieser Zielgruppe gemäß sind. Wesentlich für diese Arbeit war, welches Verbesserungspotential vorhanden ist.
Gestalt- und wahrnehmungspsychologische Aspekte
Gebaute Räume wirken. Um dies im Einzelfall zu ergründen, eignet sich eine so genannte »Raumeroberung«. Hierbei richtet man seine ganze Aufmerksamkeit auf jede einzelne Sinneswahrnehmung und spricht aus, was man jeweils wahrnimmt. Dies muss unbedingt ohne emotionale Wertungen geschehen!. Das geschieht nacheinander zu allen Aspekten eines Raums (Boden, Wand, Decke, Einbauten, Dekoration etc.). Am Ende dieses Vorgangs formuliert man eine zusammenfassende Aussage, wie man den Raum als Ganzes wahrgenommen hat. Jetzt sind auch emotionale Formulierungen zugelassen. Ganz am Ende einer Raumeroberung vergleicht man seine Wahrnehmungen mit dem so genannten ersten Eindruck beim Betreten eines Raums. Durch die methodische Trennung von sensorisch vermittelten Wahrnehmungsinhalten und emotional beeinflußten Wertungen kann man relativ sicher sein, einen Raum »gelesen« und damit auch »verstanden« zu haben.
Erlebnisqualitäten thematisch formulieren
Das Zusammenwirken aller raumbestimmenden Faktoren und deren Gesamtwirkung lässt sich am besten mit »Atmosphäre« beschreiben. Als Teilnehmer einer Projektwoche stellen wir uns der Aufgabe, Raumatmosphären so zu gestalten, dass diese optimal zur Gruppe der Nutzer passen. Dies gelingt am besten, wenn man nach der Zielgruppenbestimmung für jeden Raum oder Bereich ein Raumthema überlegt. Bei der Gestaltung eines solchen Themas geht es dann darum, im Designprozess jeden vorhandenen oder neuen Gegenstand im Raum auf die erwünschte Atmosphäre abzustimmen. Da man jeden Gegenstand, jede Farbe oder jede Oberfläche wesentlich als ein Symbol verstehen kann, das nicht für sich besteht sondern eine ganze Fülle von Bedeutungen mit sich bringt, gilt es, meist ein ganzheitliches »Symbolmilieu« zu gestalten.
Sensibilisierung für »Symbolmilieus«
Um sich dafür zu sensibilisieren haben wir uns im Verlauf der Projektwoche einen ganzen Tag Zeit genommen, um in der Stadt München ausgesuchte Verkaufsräume aufzusuchen, die Produkte anbieten, die ganz spezielle Symbolmilieus repräsentieren. Dazu gehörte auch der Besuch eines libanesischen Restaurants, das umfassend mit authentischen Arbeiten libanesischer Handwerker ausgestattet war.
Konzeptionsarbeit
In der Konzeptionsphase der Projektwoche wurden die ermittelten Raumthemen bzw. Raumatmosphären mit den dazu passenden Designelementen gestaltet und überprüft, ob diese als Symbolmilieus stimmig sind.
Lernerfahrungen
Bewußt gestaltete Symbolmilieus für spezielle Nutzergruppen befreien von der Beliebigkeit vieler Raumgestaltungen, die meist von einer rein subjektiven Vorstellung des Gestalters gespeist werden. Gestaltete Symbolmilieus funktionieren, da sie die individuellen Raumwahrnehmungen und Raumaneignungen der Nutzer durch stringente Botschaften vermitteln. Auf diese Weise kann der Gestalter seine Ideen ohne wesentlichen Informationsverluste an die Nutzer weitergegeben. Die Erkenntnis: Zielgruppen- und Raumanalyse, Konzeption, die Auswahl der gestalterischen Mittel und eine professionelle Realsierung können aufeinander abgestimmt werden.
Die Teilnehmer der Projektwoche am Tag der Exkursion in München, wo wir in ausgesuchten Verkaufsräumen recherchierten, welche Gegenstände zu einzelnen Symbolmilieus passen.