Farben ohne Kontext bedeuten nichts

Wider die Unsitte vermeintlicher Farbtrends


Farben erscheinen niemals ohne Kontext, in der Natur nicht und ebenso wenig in gebauten Räumen. Denn: in unserem Gesichtsfeld sehen wir immer auch benachbarte Farbtöne … und seien es nur unbunte Farbpausen in Form von Passepartouts, Sockelleisten, Friese, Türbekleidungen oder Fensterdekorationen. Gleichzeitig sehen wir bei einem gegebenen Farbton in dessen Umfeld auch seine Hell-Dunkel-Variationen, mögliche Transparenzen und Reflexionen. Hinzu kommen Gerüche, haptische Erfahrungen oder Geschmacksempfindungen, welche die Farbwahrnehmung als Teil des gesamten sensorischen Inputs begleiten. Bezüge zu einem aktuellen Kontext können auch visuelle Erinnerungen herstellen, selbst der momentane körperliche Zustand. Vom jeweiligen Kontext hängt schließlich ab, wie und als was wir einen konkreten Farbton sehen, empfinden und bewerten.

Da Farben erst im Zusammenspiel mit ihrer Umgebung »gelesen« und »verstanden« werden, ist eine isolierte Farbe ohne Kontext allenfalls ein metrischer Wert in einem technischen Farbraum. So betrachtet könnte ein bestimmtes Rot gleichermaßen die Eigenfarbe eines Weins sein, die Lackfarbe eines Autos oder auch ein gemischter Farbton für eine Wandbeschichtung. Farbtöne ohne Kontext bedeuten also nichts, auch wenn man sie mit einem Begriff benennt oder fotografisch in Szene setzt. Durch Namensgebung, die Abbildung von Farbtönen und ihre visuelle szenische Darstellung soll nun der Eindruck vermittelt werden, dass diese Farbtöne »angesagt« sind, im Trend liegen oder sogar als die »Farben der Zukunft« zu apostrophieren wären. Das alles ist letztlich nichts als eine Behauptung und somit ein blasser Versuch, diese Farbtöne durch mediale Positionierung mit einer »authentischen« Bedeutung aufzuladen, die diese nicht haben können. Mein Kollege Herbert Martin, der sich als Gestalter intensiv mit Farbtrends auseinandersetzt, kommentiert dieses Bemühen der Marketing- und Presseabteilungen knapp und präzise: Wenn eine Farbe als im Trend liegend positioniert wird, heißt das eigentlich nichts anderes als: »Ich bin zu haben, kaufe mich!«

Roland Aull

Beispiel: Abbildung aus »Sikkens Farbtrends 2019«. Die komplette Broschüre finden Sie hier:

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